"Wir stecken bis zum Hals in der Scheiße"

Angeblicher Whistleblower des russischen Geheimdienstes FSB befürchtet, dass es im Juni "keine Wirtschaft mehr in Russland" geben wird.

Hat sich Wladimir Putin mit seinem Angriff auf die Ukraine total verzettelt? Wenn man einem Dokument glauben schenken darf, das angeblich vom russischen Geheimdienst FSB (Federalnaja sluschba besopasnosti Rossijskoi Federazii/Föderaler Dienst für Sicherheit der Russischen Föderation) stammt, dann drängt sich ein "Ja" als Antwort geradezu auf.

"Wie Deutschland zwischen 1943 und 1944"

Ein Analyst des FSB lässt in dem Brief – dessen Echtheit nicht bestätigt und umstritten ist – kein gutes Haar an Putins Plänen und Strategie. Der Geheimdienst selbst sei vom russischen Präsidenten über weite Strecken im Unklaren gelassen worden. Der FSB sei nicht von einer wirklichen Invasion ausgegangen und habe nur verschiedene Szenarien durchgespielt: "Aber dann stellte sich heraus, dass die Szenarien Realität wurde und die Analyse, die wir dazu durchgeführt haben, ist totaler Müll. Wir stecken bis zum Hals in der Scheiße."

Auch für den weiteren Verlauf des Konflikts sieht der Verfasser ziemlich schwarz: "Es gibt keine Optionen für einen möglichen Sieg, nur Niederlagen." An eine erfolgreiche Besetzung der Ukraine sei nicht zu denken: "Selbst mit minimalem Widerstand der Ukrainer bräuchten wir mehr als 500.000 Mann, Nachschub und Logistik noch nicht eingerechnet". Russlands Lage ähnele der Deutschlands zwischen 1943 und 1944: "Nur, dass es unser Startpunkt ist."

Mit "vernünftigen Informationen vorab" hätte man zumindest im Vorhinein darauf hinweisen können, dass der Ursprungsplan löchrig gewesen sei. Zudem habe man nicht mit einem derart massiven Widerstand der Ukrainer:innen gerechnet. Die Verluste seien entsprechend hoch: Der Whistleblower geht von 2.000 bis 10.000 toten Russen aus, während Russland offiziell bisher von rund 500 Opfern spricht.

Echt oder fake?

Doch ist das Schreiben überhaupt echt oder handelt es sich um einen Fake von ukrainischer Seite? Erstmals veröffentlicht wurde das über 13.000 Zeichen lange Dokument vom russischen Menschenrechtsaktivisten Vladimir Osechkin auf seinem Facebook-Account sowie der Anti-Korruptions-Website gulagu.net.

Die Rechercheplattform Bellingcat stuft den Leak als authentisch ein. Bellingcat-Journalist Christo Grozev hat den Brief nach eigenen Angaben zwei FSB-Kontaktpersonen gezeigt, die ihn für echt halten. Dennoch lässt sich die Echtheit nicht 100-prozentig bestätigen. Immerhin hat die Ukraine selbst in letzter Zeit wiederholt Fälschungen von FSB-Dokumenten veröffentlicht, wie Grozev selbst zu bedenken gibt. (as)

Kommentar schreiben

* Pflichtfelder.

leadersnet.TV