Bauvorschriften bremsen Umbau
Wohnungsnot Deutschland: Wie leerstehende Büroflächen ungenutzt bleiben

| Redaktion 
| 23.04.2025

Deutschlands Städte könnten tausende neue Wohnungen schaffen – wenn leerstehende Bürogebäude umgenutzt würden. Doch das vermeintlich einfache Konzept scheitert in der Praxis an einem Mix aus komplizierten Vorschriften, teurer Technik und unattraktiven Lagen. Warum sich Investoren trotz Wohnraummangels zurückhalten, zeigt ein aktueller Bericht.

Der Bedarf an Wohnraum ist so hoch wie nie: Laut Deutschem Mieterbund fehlen deutschlandweit rund 800.000 Wohnungen. Gleichzeitig stehen Millionen Quadratmeter Bürofläche leer – insbesondere Gebäude aus der Zeit vor der Jahrtausendwende, oft in Randlagen. Die logische Lösung: Umbau statt Neubau. Doch eine aktuelle Studie der Berlin Hyp in Kooperation mit dem Beratungsunternehmen Bulwien Gesa zeigt, warum das in der Realität kaum gelingt. Die Hoffnung auf eine schnelle Besserung trügt – die strukturellen Barrieren sind komplex und tief verankert.

Regulierungsflut blockiert Umbaupotenzial

Wie das Handelsblatt berichtet, könnte man allein in den sieben größten Städten Deutschlands durch Umnutzung leerer Büros rund 152.000 zusätzliche Wohnungen schaffen – theoretisch. In der Praxis verhindert ein Dickicht aus über 20.000 Bauvorschriften und 16 unterschiedlichen Landesbauordnungen den Fortschritt. Bauanträge werden oft verzögert oder gar abgelehnt, wenn Details nicht exakt stimmen. Der hohe Abstimmungsaufwand zwischen Bauherren, Planern und Behörden hemmt Projekte zusätzlich.

Alexander Fieback von Bulwien Gesa nennt die ausufernden Normen neben steigenden Bau- und Materialkosten als Hauptgründe für die stockende Umwandlung. Zwar gibt es in Bundesländern wie Bayern und Berlin erste Reformansätze, etwa beschleunigte Genehmigungsverfahren oder Modellprojekte mit reduzierten Auflagen – doch flächendeckende Lösungen sind bisher ausgeblieben.

Technisch aufwendig, wirtschaftlich unrentabel

Hinzu kommen hohe technische Anforderungen. "Das Ergebnis war für uns nicht optimal", sagt Stefan Haas, Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Meag, über ein konkretes Projekt in Frankfurt-Sachsenhausen. Dort musste die komplette Gebäudestruktur angepasst werden – neue Sanitärinstallationen, fehlende Balkone und unpraktische Grundrisse machten den Umbau zu einem teuren Kraftakt.

Auch die Nachrüstung von Schallschutz, Brandschutz und zusätzlichen Treppenhäusern treibt die Kosten in die Höhe. Häufig muss auch die Haustechnik komplett erneuert werden, insbesondere Heizsysteme, die auf moderne Effizienzstandards gebracht werden sollen. Oft bleibt der repräsentative Büro-Lobbybereich unbrauchbar – für Erdgeschosswohnungen völlig ungeeignet. Für viele Projektentwickler ist das Kostenrisiko unkalkulierbar – vor allem, wenn sich keine klare Preisstruktur auf dem lokalen Wohnungsmarkt abbilden lässt.

Dr. Stefan Haas, Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Meag, warnt vor den hohen Umbaukosten bei der Umnutzung von Büroflächen (Bild: MEAG)
Dr. Stefan Haas, Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Meag, warnt vor den hohen Umbaukosten bei der Umnutzung von Büroflächen (Bild: MEAG)

Lageproblem: Wohnen will keiner im Gewerbegebiet

Ein weiteres zentrales Problem: die Standortfrage. Denn viele leerstehende Büroflächen befinden sich nicht in gefragten Innenstadtlagen, sondern in isolierten Gewerbegebieten mit schlechter Anbindung und mangelnder Infrastruktur. "Hohe Kosten führen zu hohen Mieten", warnt Josef Liegl von Redserve. Damit ist günstiger Wohnraum kaum zu schaffen.

Auch soziale Aspekte spielen eine Rolle: Familien mit Kindern benötigen Schulen, Kitas, Spielplätze – all das fehlt in typischen Gewerbelagen. Laut BNP Paribas Real Estate bleiben hochwertige Neubauten in Toplagen gefragt, während in B- und C-Lagen der Leerstand weiter wächst – genau dort, wo sich Umnutzung am ehesten lohnen würde.

Theoretisches Potenzial von 150.000 Wohnungen durch Büro-Umnutzung in A-Städten – besonders hoch in München (32.000) und Berlin (30.000) (Bild: Berlin Hyp / bulwiengesa, April 2025)
Theoretisches Potenzial von 150.000 Wohnungen durch Büro-Umnutzung in A-Städten – besonders hoch in München (32.000) und Berlin (30.000) (Bild: Berlin Hyp / bulwiengesa, April 2025)

 Hinzu kommt die Unsicherheit vieler Städte bezüglich der langfristigen Nutzung von Mixed-Use-Quartieren – nicht selten scheitern Projekte an politischen Widerständen oder fehlender Abstimmung zwischen Stadtplanung und Investoren.

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