LEADERSNET: Sie sind seit 1. August 2021 Vorstandsvorsitzende der Takkt AG sein. Was verbirgt sich hinter diesem Unternehmen?
Maria Zesch: Die Takkt AG ist ein globales eCommerce Unternehmen für B2B-Kunden – gelistet und weltweit tätig. Takkt ist meistens nur wenigen bekannt, da wir nicht mit unserer eigenen Brand auftreten, sondern mit den Marken unserer Tochterunternehmen. Wir sind ein wachsendes Unternehmen: international in 25 Ländern aufgestellt, drei Divisionen und 18 Marken, die in Europa und den USA im B2B-Omnichannel-Handel für Industrie & Packaging, Office Furniture sowie FoodService agieren. Wir haben rund 2.500 Mitarbeitende weltweit. die mit viel Engagement und Motivation daran arbeiten, das Unternehmen immer weiter zu bringen.
Die Takkt befindet sich mitten in einem großangelegten Transformationsprozess, der uns zu einem stärker integrierten, kundenfokussierten und wachstumsorientieren Unternehmen formt.
LEADERSNET: Ist ein Industrie-Handelsbetrieb in Zukunft ohne E-Commerce überlebensfähig? Wohin wird die Reise des Onlineshoppings im Großkunden- bzw. B2B-Bereich gehen?
Zesch: Online-Shopping boomt schon lange nicht mehr nur im Consumer-Bereich, auch für B2B-Unternehmen nimmt E-Commerce eine immer wichtigere Rolle ein. Bei Takkt kommen bereits über 60 Prozent des Umsatzes über Web. Wir arbeiten stetig daran, dass wir uns auf allen online Kanälen weiterentwickeln und auf Kundenbedürfnisse noch besser einzugehen.
LEADERSNET: Takkt ist im Bereich des E-Commerce weit entwickelt. Hat Deutschland die Digitalisierung besser genutzt als Österreich?
Zesch: Betrachtet man den EU-Schnitt, liegen sowohl Österreich als auch Deutschland im Mittelfeld, Potenzial nach oben gibt es also für beide Länder. Pandemiebedingt sind allerdings bereits viele längst überfällige Schritte unternommen worden, die den Digitalisierungsgrad im Internethandel erhöhen konnten. Wenn man den Einsatz intelligenter Technologien wie Machine Learning, Bilderkennung oder Natural-Language-Processing betrachtet, herrscht allerdings im Allgemeinen noch Verbesserungspotenzial.
LEADERSNET: Inwieweit betrifft die Ukraine-Krise die SupplyChain von Takkt?
Zesch: Das ganze Takkt-Team ist immer noch schockiert über die Ereignisse in der Ukraine und über den Angriff auf den Frieden, den wir in Europa seit Jahrzehnten bewahrt haben. Wir haben eine klare Position bezogen und unser Geschäft in Russland eingestellt. Für unser russisches Team arbeiten wir an individuellen Lösungen, um Arbeitsplätze innerhalb unserer Gruppe zu finden.
Wie beinahe jede Branche spüren auch wir die Auswirkungen der Krise – sowohl aufgrund der Situation in der Ukraine, als auch aufgrund der Covid-Situation – auf der Supply-Chain-Seite. Die Verknappung der Fahrer sowie die steigenden Dieselkosten bedeuten höhere Transportkosten für uns sowie teilweise ein anderes Servicelevel, sofern keine Fahrer verfügbar sind.
LEADERSNET: Stichwort Digitalisierung: Können wir uns auf die Zukunft freuen oder müssen wir diese mit Respekt erwarten?
Zesch: Vorrangig sehe ich die Vorteile und Chancen, die die voranschreitende Digitalisierung mit sich bringt. Neuem mit Respekt zu begegnen ist allerdings auch wichtig, damit man diese Veränderungen auch Ernst genug nimmt. Wir bei Takkt haben als unsere neue Vision definiert, die Arbeitswelten von morgen zu gestalten. Die "Worlds of Work" die sich gerade in einem grundlegenden Wandel befinden verändern sich rasant – nicht nur im Büro arbeitet man hybrid, auch im Restaurant-Bereich sind starke neue Trends wie Selbstbedienung und Take-away im Vormarsch und führen zu neuen Arbeitsumgebungen. Dieser Veränderungsprozess hat sich durch die Corona-Pandemie beschleunigt. Treiber sind Megatrends wie die fortschreitende Digitalisierung, Arbeitskräftemangel und die steigende Bedeutung der Nachhaltigkeit. Und natürlich helfen wir auch unseren Kunden, die Arbeitswelten von morgen zu gestalten. Wir bringen das WOW (New Worlds of Work) zum Kunden – das ist unsere Passion.
LEADERSNET: Inwieweit sind Ihre Learnings als Geschäftskundenchefin beim österreichischen Telekommunikationsunternehmen Magenta heute für Sie als Vorstandsvorsitzende bei Takkt dienlich?
Zesch: Was ich bereits in der Telekommunikationsbranche als Credo hatte, gilt in der neuen Tätigkeit umso mehr: Das wichtigste ist der Kunde und sein Erfolg. Insbesondere in großen Strukturen gilt es immer wieder den Blick von der Unternehmens – Innensicht auf die Bedürfnisse des Marktes und seiner Ansprechpartner zu legen. Das klingt einfach, ist aber harte Arbeit und macht den langfristigen Erfolg von Unternehmen aus – sich auf den Nutzen der Kunden zu konzentrieren und die entsprechende Leistung verlässlich abzuliefern.
LEADERSNET: Wie unterscheiden sich die Managementstrukturen von einem deutschen zu einem österreichischen Unternehmen?
Zesch: Aus meiner Erfahrung sehe ich keine per se typisch deutschen oder typisch österreichischen Strukturen – insbesondere in internationalen Unternehmen. Unabhängig davon sind Unternehmen in Deutschland und Österreich, die ich bisher kennenlernen durfte gleichermaßen von hoher Professionalität und starkem Lösungsfokus geprägt.
LEADERSNET: Geht Ihnen der österreichische Schmäh in Ihrem beruflichen Alltag ab?
Zesch: Die Art österreichischer Charme, die einen grundsätzlich wohlwollenden, freundlichen Umgang zwischen Teams und Personen bedeutet, nehme ich gerne mit. Und freu mich ebenso sehr über den schwäbischen Humor, den die Kollegen in Stuttgart pflegen.
LEADERSNET: Gibt es einen österreichischen Management-Charme, mit dem man in Deutschland punkten kann?
Zesch: Jeder ist Gestalter seiner Umgebung und bringt seine Persönlichkeit in bestehende Strukturen ein. Ein unmittelbarer, persönlicher Umgang liegt mir am Herzen, den bringe ich auch bei Takkt ein. Mitarbeiter zu motivieren und Entscheidungshoheit an Mitarbeiter zu übertragen, ist mir ein großes Anliegen. In der Takkt sehe ich täglich unterschiedlichste Kulturen – sowohl landespezifische Gepflogenheiten vom mittleren Westen/USA oder aus dem schwedischen Norden – als auch unternehmensintern entwickelte Unterschiede – von der Start-up-Kultur bis hin zum alteingesessenen Unternehmen. Das Schöne, gleichzeitig aber Herausfordernde ist, die unterschiedlichen Stile und Kulturen zu würdigen und parallel schnelle Entscheidungen, die von einer breiten Mehrheit getragen werden, zu forcieren. Als Österreicherin ist man gewohnt Kompromisse zu finden – und das unterstützt.
www.takkt.de
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