In Punkto Mobilitätsverhalten zeigen sich die Deutschen relativ beharrlich: Der Umstieg auf das E-Auto fällt den Bundesbürger:innen schwerer als Menschen in anderen Ländern und auch ihren Automobilherstellern bleiben sie vergleichsweise treu. 80 Prozent erwägen selbst nach negativen Erfahrungen, ihre gewohnte Automarke erneut zu kaufen. Das geht aus der aktuellen Studie "Best Xperience Mobility", für die in 50 Großstädten fünf europäischer Länder 10.744 Personen befragt wurden, hervor. Weitere wichtige Erkenntnisse: Künftig droht den Unternehmen in Sachen Kundenbindung der Sprit auszugehen, denn jüngere Kund:innen empfehlen ihre Automarke seltener weiter.
"Wir steuern auf einen epochalen Umbruch in der Mobilität zu und müssen uns mehr damit befassen, welche Wege die Kunden mitgehen", konstatiert Joachim Pawlik, CEO der Pawlik Group. Silvana Buljan, Initiatorin der Studie, ergänzt: "Unsere Studie schließt als erste in Europa die Informationslücke der sich ändernden Kundenwünsche und deckt regionale Unterschiede auf."
Elektromobilität: Skeptische Deutsche
Die Studie gibt Auskunft über Trends, Vorlieben von Kunden und ihre Einstellung gegenüber Mobilitätsdienstleistern. Henrik Meyer-Hoeven, Geschäftsführer International der Pawlik Group, hat sich insbesondere mit Besonderheiten Deutschlands im internationalen Vergleich auseinandergesetzt.
Henrik Meyer-Hoeven, Geschäftsführer International der Pawlik Group © Thies Rätzke/Pawlik Group
Zum Trendthema Elektromobilität wurden Autohalter befragt, ob sie in den nächsten drei Jahren ein elektrisches oder hybrides Fahrzeug erwerben werden. Im Ländervergleich ist Deutschland mit 24 Prozent Schlusslicht. "Die Deutschen halten am stärksten an ihrem Verbrenner fest", sagt Henrik Meyer-Hoeven. In Italien planen fast doppelt so viele (47 Prozent) den Kauf eines E-Cars. Frauen haben weniger Interesse an Elektromobilität als Männer. Die meisten Interessenten finden Anbieter in Deutschland in der Altersklasse von 35 bis 44 Jahren. Hier hat immerhin jeder Dritte Interesse an einem Kauf (34 Prozent) eines E-Autos.
Alternative Mobilität: Auch hier bildet Deutschland das Schlusslicht
Alternative Mobilitätsangebote rücken stärker in den Fokus. Aufgrund der enorm gewachsenen Spritpreise wird das Auto zurzeit oftmals stehen gelassen. Trotzdem fällt bislang nur in Spanien der Net Promoter Score (NPS) für alternative Mobilität positiv aus. Das bedeutet: In allen anderen Ländern würden Kunden eher nicht empfehlen, auf Alternativen umzusteigen. Die Aufgabe des eigenen Autos zugunsten von alternativer Mobilität ist in Deutschland nur für 13 Prozent der Befragten eine Option. Die Wahrscheinlichkeit, eine Sharing-Dienstleistung als Haupttransportmittel zu verwenden liegt bei zehn Prozent (Spanien 14 Prozent, UK 16 Prozent, Frankreich 16 Prozent, Italien 18 Prozent).
In Spanien sind Öffentliche Verkehrsmittel der beliebteste Mobilitätsservice. Am schlechtesten werden sie in Italien bewertet. Deutschland liegt im Mittelfeld. Bevor wir hierzulande Wow-Erlebnisse für Kunden schaffen, müssen die Grundbedürfnisse abgedeckt und Sicherheit und Hygiene verbessert werden. In allen Ländern sind Verlässlichkeit und Nähe zum Start- und Zielort zudem besonders bedeutsam.
Wie Sharinglösungen von negativen Kundenerlebnissen in Öffis profitieren
Aufgrund des häufig schlechten Kundenerlebnisses mit öffentlichen Verkehrsmitteln suchen Nutzer:innen zunehmend Alternativen in Sharing-Lösungen. Die klassische Mitfahrzentrale wird derzeit noch am häufigsten weiterempfohlen. Für neuere innerstädtische Dienstleistungen ist man weniger offen, da die Handhabung vielen nicht klar genug ist. Die Einfachheit des Vertragsabschlusses sowie die räumliche Nähe sind für Kund:innen unerlässlich – und hier liegt auch das größtes Verbesserungspotenzial.
Buljan-&-Partners-Chefin Silvana Buljan © Buljan & Partners
Silvana Buljan empfiehlt Mobilitätsdienstleistern: "Achten Sie auf Einfachheit, Nähe und Verfügbarkeit – die Grundlegenden Ansprüche der Kunden." In der Menge der Lösungen sei es noch keinem Anbieter gelungen, dem Privatfahrzeug im Stadtverkehr ernsthafte Konkurrenz zu bieten.
Autohersteller sollten sich nicht auf der Kundentreue ausruhen
Die Studienmacher betonen, dass Kund:innen in Deutschland ihrer Automarke zwar noch stark vertrauen: 64 Prozent der Deutschen sind zufrieden mit dem Kundenerlebnis der Automobilindustrie. 35 Prozent sagen sogar, dass Automobilunternehmen ihre Erwartungen im Service und in der Betreuung übertreffen. 80 Prozent der deutschen Kund:innen erwägen laut der Studie, ihrer Marke auch nach einer schlechten Erfahrung treu zu bleiben. Im Gegensatz zu Italien laufen enttäuschte Kunden hierzulande nicht sofort zur Konkurrenz über.
Dennoch sollten sich die Unternehmen nicht darauf ausruhen. Jüngere Kund:innen sind wechselbereiter als Ältere und auch die Weiterempfehlungsrate sinkt deutlich. Über 35-Jährige empfehlen ihre Automarke dreimal häufiger weiter als 18- bis 34-Jährige. (as)
www.pawlik.de
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